Küchenmagazin 2022

132 K Ü C H E N M A G A Z I N 2 0 2 2 / / A U F E I N W O R T Was spricht eigentlich dagegen, das Heft mal mit Humor abzuschließen? Also: Treffen sich ein Ofenkater, ein Falscher Hase und ein Kalter Hund ... Ach nein, vielleicht doch lieber ein kriminalistischer Schlusspunkt: Ein Betrunkener Kapuziner sowie die B’soffene Liesl waren bei Schneegestöber im Einspänner unterwegs, als ein Blindhuhn am Eiterbalken ihren Weg kreuzte. Tragischer Ausgang: eine Tote Oma. Ein- zige Zeugin: die Rote Inge. Einige Trunkene Jungfern wollen in der Nähe des Tatorts Leichenfinger gefunden haben. Hm ... Vielleicht am Ende noch eine feine erotische Fantasie mit kleinen Pikanterien wie Nonnenbrüstchen, Frauennabeln und Errötenden Mädchen? Oder niedliche Kindergeschichten vom Hoppelpoppel? Abenteuergeschichten von Armen Rittern? All das ließe sich mit ein wenig Fantasie schnell erzählen – die Protagonisten sind allesamt aus deutschsprachigen Speisekarten und Kochbüchern gecastet. Die skurrilsten Namen finden sich hier, definitiv ohne Rückschlussmöglichkeit, was auf den Teller kommt. Denn natürlich beginnt so kein Witz. Noch viel weniger ist die Unfallnotiz ernst zu nehmen – es sei denn, man hätte selbst das ein oder andere Schlückchen zu viel intus. Der kleine Ausflug in die amourösen Gefilde von Speis und Trank hingegen beweist, wie liebevoll kulinarische Namensgebung sein kann – zumal hier ausschließlich von Süß- speisen und so zartem wie knusprigem Gebäck die Rede ist. Doch wie alles im Leben hat auch die Bezeichnung dessen, was uns serviert wird, zwei Seiten. Sprich: Die Sache kann auch ganz schön deftig, ja, gar unappetitlich werden. Tatsächlich muss man das Prinzip „nomen est omen“ mitunter bewusst ausschalten, um nahe- liegende Assoziationen zu vermeiden. Moppelkotze? Rinderpümmel? Altwiener Hosntürlfleisch alias Katzngschroa? Cholera??? Weckt – bis man es kennt und mag – zunächst nur bedingt lukullische Begehrlichkeiten. Ganz anders hingegen ein kleines Nonnenfürzle. Mag es auch eine nicht ganz salonfähige Ausdünstung im Namen haben, so ist es doch die pure Verheißung auf das große Gaumenglück. Der kleine Unterschied? Vermutlich nichts weiter als die Verniedlichung im Namen. Hier wie dort nämlich steckt eine kleine Geschichte oder eine sprach- liche Herleitung dahinter. So geht das schwäbische Schmalzgebäck entweder zurück auf das mittelniederdeutsche „nunnenfurt“, also „von Nonnen gut zubereitet“, oder auf die Geschichte, dass eine Nonne bei der Zubereitung einen Löffel voll Teig ins heiße Fett gleiten ließ, wobei jener kleine, unfeine Ton entfleuchte, der an ein gewisses Geräusch erinnert. Die schönere Version des Namens? Keine Frage! Nicht anders die der Maultaschen, zärtlich Herrgottsbscheißerle genannt. Angeb- lich wurde einem Mönch ein wunderbares Stück Fleisch geschenkt, unglücklicherweise während der Fastenzeit. Um es an den strengen Augen des Schöpfers vorbeizumogeln, wurde das Fleisch so klein wie möglich geschnitten, um es mit Kräutern und allerlei Zutaten in Teigtaschen verschwinden zu lassen. Selbst Geschichten mit tödlichem Ausgang können einem Gourmet den Appetit nicht verderben – ganz im Gegenteil. Oder hätte sich jemals jemand aus Angst den herrlichen Genuss von Strangolapreti, also Priesterwürgern, versagt? Die Trentiner Spinatknödelchen haben ihren Namen von der Sage, Mönche hätten früher oft Pacht und Steuern in nahrhafter Form eingetrieben. Ein unersättlich gieriger Kirchenmann sei schließlich jämmerlich daran erstickt. Möglicherweise war hier aber auch der Wunsch der Tauf- pate. Um aber die doch ziemlich harten Fakten des kleinen Krimis noch aufzuklären: Die Tote Oma ist ein deftiges ostdeutsches Gericht aus Kartoffeln, Sauerkraut und der farb- und namengebenden Blut- bzw. Grützwurst. Leichenfinger nennt man den etwa fingerdicken Blauschimmelkäse, eben aus Leipzig. Hier zeigt sich der sarkastische Humor der Verzweiflung in der ehemaligen DDR: Man kochte mit dem, was es gab. Am Ende sind es Gerichte mit Geschichte! IMPRESSUM Herausgeber: musterhaus küchen Deutschland GmbH & Co. Marketing für Küchen-Industrie und -Handel KG, Hans-Strothoff-Platz 1, 63303 Dreieich Objektverantwortung: Kirk Mangels – MHK Group AG; Ralf Reinemann, Kristina Kahlert – info-text Werbeagentur // Objektleiter: Gerd Giesler // Chefredaktion: Melanie Breuer, Jens Leichsenring // Art Direktion: Dagmar Örtl // Produktion: Axel Ringel // Redaktion: Claudia Götz, Anja Hanke, Nicole Knaupp, Michael Oppelt, Hans Schloemer, Antoinette Schmelter-Kaiser, Barbara Schulz // Schlusskorrektur: Nicole Grinzinger, Maike Zürcher // Bildredaktion: Markus Hirner, Jürgen Stoll // Reprografie: page @ picture, München // Verlag: Journal International The Home of Content GmbH, Ganghoferstr. 66f, 80339 München, T. +49 89 69 31 39 6-0 // Geschäftsführung: Gerd Giesler, Stefan Endrös // Druck: Vogel Druck und Medien- service GmbH, Leibnizstraße 5, 97204 Höchberg // Küchenbilder Rückseite: Häcker Küchen KULINARISCHES KOPFKINO S K U R R I L E S P E I S E N A M E N I M D E U T S C H S P R A C H I G E N R A U M Die Food-Kolumne von Barbara Schulz << Illustration: shutterstock / studiostoks

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